Komplementäre und
Integrative Medizin
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Naturheilkunde und Integrative Medizin zum festen Bestandteil des Gesundheitssystems machen
Der Naturheilkunde verpflichtet

Naturheilkunde und Integrative Medizin zum festen Bestandteil des Gesundheitssystems machen

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Integrative Medizin Wissenschaft Naturheilkunde

Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung in Deutschland nutzt und wünscht Verfahren der Naturheilkunde und integrativen Medizin. Denn: Diese Verfahren bieten Antworten auf die drängendsten medizinischen und gesundheitspolitischen Herausforderungen. Eine demographisch gesehen zwingend notwendige Prävention und effektive Behandlung chronischer Erkrankungen kann durch Naturheilkunde und Integrative Medizin besser gelingen. Allerdings fehlt bislang noch immer die strukturelle und finanzielle Verankerung im Gesundheitssystem.

Medizin der Zukunft
Sektorenübergreifend, strukturell verankert, wissenschaftlich fundiert

Ein Verbund von NHK/IM-fördernden Stiftungen, Wissenschaftler*Innen und engagierten Personen, die sich der Naturheilkunde verpflichtet fühlen, wollen gemeinsam ein tragfähiges Konzept entwickeln und Fördermittel zur Verfügung stellen. 

Video-Gruß von Dr. med. Marc Werner
Direktor der Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizin an den KEM | Evangelischen Kliniken Essen-Mitte

Und so ist der Plan:

Versorgungsforschung:
Zentrale Säule ist die wissenschaftliche Begleitung und gesundheitsökonomische Evaluation der naturheilkundlichen Versorgung in Deutschland. Ziel ist es, die Wirksamkeit, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit der NHK/IM im klinischen Alltag nachzuweisen und damit eine solide Basis zu schaffen.

Strukturelle Entwicklung:
Entwicklung und Implementierung zukunftsfähiger Konzepte für NHK/IM als festen Fachbereich in verschiedenen Versorgungsstufen (stationär, tagesklinisch, ambulant). Dazu gehören innovative Behandlungsformate wie heute noch nicht denkbare Formate wie z. B. „Hospital at Home“, KI-gestützte Beratung und Patientenhotels.

Dokumentation und Kommunikation:
Entwicklung von Plänen und Strukturen, die auf sehr guter Datenbasis dazu beitragen, die NHK/IM in Gesellschaft und Versorgung zu verankern.    

Netzwerkbildung:
Aufbau eines bundesweiten Netzwerks aus Kliniken, Stiftungen und weiteren Akteuren zur Koordination und Umsetzung der Ziele. 

Versorgungsforschung
Wichtig für das Gesundheitssystem

Das bedeutet Versorgungsforschung

Versorgungsforschung bezeichnet die systematische, empirisch fundierte Analyse der gesundheitlichen Versorgung von Individuen und Populationen unter Alltagsbedingungen. Sie untersucht die Strukturen, Prozesse und Ergebnisse der Versorgung innerhalb des Gesundheitssystems mit dem Ziel, Verbesserungspotenziale zu identifizieren, Versorgungsqualität zu optimieren und die Implementierung innovativer Interventionen zu evaluieren. Als interdisziplinäres Forschungsfeld integriert sie Perspektiven aus der Medizin, Psychologie, Sozial-, Wirtschafts- und Rechtswissenschaft, um evidenzbasierte Handlungsempfehlungen für eine qualitativ hochwertige, effiziente und nachhaltige Gesundheitsversorgung zu entwickeln.

Die M.I.N.ER.V.A-Studie – ein Meilenstein für die Naturheilkunde

Mit MINERVA startet das bislang größte Forschungsprojekt zur Naturheilkunde in Deutschland. Beteiligt sind die Kliniken in Berlin, die KEM | Evang. Kliniken Essen-Mitte und die Sozialstiftung Bamberg, wissenschaftlich unterstützt von der Universität Tübingen und gefördert von der Karl und Veronica Carstens-Stiftung.

Zum ersten Mal wird in einem multizentrischen Großprojekt systematisch untersucht, wie naturheilkundliche Therapien wirken – nicht nur auf Symptome und Krankheitsverläufe, sondern auch auf Lebensqualität und Selbstwirksamkeit. Insgesamt sollen 4.200 Patientinnen und Patienten eingeschlossen werden. Eine Studie dieser Größenordnung markiert einen echten Aufbruch.

Naturheilkunde als wichtiger Baustein einer modernen Medizin

Operationen und Medikamente sind unverzichtbar. Doch ihre Kosten steigen rasant – und zwar deutlich schneller als die Wirtschaft wächst. Während die Gesundheitsausgaben um die Jahrtausendwende noch bei 10,4 % des BIP lagen, betrugen sie 2019 bereits 11,9 % und stiegen in den Corona-Jahren 2020/21 auf über 13 %. 2022 waren es noch immer 12,8 % (Quelle). Prognosen erwarten für 2025 erneut einen Anstieg auf 12,9–13,1 %.

Menschen müssen Teil der Lösung werden

Chronische Krankheiten lassen sich nicht einfach „reparieren“. Nachhaltige Wirkung entsteht erst, wenn Patientinnen und Patienten Verantwortung übernehmen und übernehmen können. Dazu braucht es Prävention, Routinen und aktive Lebensgestaltung, unterstützt durch passende Therapien.

Genau hier liegt die Stärke der Naturheilkunde: Sie lindert Symptome, fördert Selbstwirksamkeit und nutzt die oft unterschätzte Kraft grundlegender Prozesse (in folgender Tabelle können nur Schlaglichter aufgeführt werden). Die grundlegen Säulen der Naturheilkunde sind:

Evidenz ist da

  • Bewegung: Senkt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfall (Lancet Public Health 2021).
  • Alltagsprogramme: Verbessern Blutdruck, Blutfette und Gewicht – selbst bei zuvor Inaktiven (JAMA 2019).
  • Wassertherapie: Verringert Schmerzen und Müdigkeit, steigert die Lebensqualität (Cochrane Review 2020).
  • Ernährung: Beeinflusst Entzündungen, Schmerzempfinden und Krankheitsrisiken (BMJ 2022).
  • Pflanzenheilkunde: Bestimmte Extrakte – etwa aus Weidenrinde oder Johanniskraut – sind bei Schmerzen, Depressionen und weiteren Indikationen wirksam und in Leitlinien empfohlen (Cochrane Review 2015; DGPPN-Leitlinie Depression 2023).

Und die Liste ließe sich noch deutlich fortsetzen.

Wissenschaftsverständnis
der Karl und Veronica Carstens-Stiftung

Wissenschaftsverständnis der Karl und Veronica Carstens-Stiftung

Wissenschaft strebt fortlaufend Erkenntnisgewinn (Forschung) und -vermittlung (Lehre) an. Dabei baut sie auf den zum jeweiligen Zeitpunkt anerkannten und gültigen Methoden und Erkenntnissen auf, veröffentlicht neue Resultate und diskutiert diese. Sie ist unvoreingenommen, ergebnisoffen und zugleich selbst- und methodenkritisch…

Wissenschaftsfreiheit ist ein durch das Grundgesetz geschütztes Recht, von dem die gesamte Gesellschaft profitiert, denn nur in wissenschaftlichen Freiräumen kann neues Wissen entstehen.

Gegenstand der von der Carstens-Stiftung geförderten Wissenschaft sind sowohl etablierte als auch innovative Therapien und Behandlungsmethoden der komplementären und integrativen Medizin (KIM).

Gefördert werden klinische Forschung und Versorgungsforschung, aber auch Grundlagenforschung und praktisch ausgerichtete klinische Modellprojekte. Dabei wird Wert darauf gelegt, dass Antragstellerinnen und Antragsteller die in ihrem Bereich höchsten wissenschaftlichen Qualitäts-Standards anwenden.

Ziel der Carstens-Stiftung ist es, gemäß ihres Satzungsauftrages, durch Wissenschaftsförderung eine pluralistische, sichere und wirksame Medizin der Zukunft mitzugestalten.

Die Carstens-Stiftung vertritt ein unvoreingenommenes, auf den Nutzen für den Menschen ausgerichtetes, aber zugleich auch selbst- und methodenkritisches Wissenschaftsverständnis. Dabei agiert sie stets unabhängig und gemeinnützig.

Signale aus der Politik

Auch die Bundesregierung hat die Bedeutung erkannt: Im aktuellen Koalitionsvertrag wird die Rolle naturheilkundlicher Verfahren für Prävention und Versorgung ausdrücklich betont.

Ausblick

Naturheilkunde ist ein grundlegender und notwendiger Teil moderner Medizin. Sie verbindet wissenschaftliche Evidenz mit praxiserprobten Verfahren und stärkt die aktive Rolle der Patientinnen und Patienten.

Mit MINERVA wird diese Bedeutung nun in einer großen klinischen Studie umfassend untersucht – ein notwendiger und richtungsweisender Schritt. Naturheilkunde wird sich wissenschaftlich fundiert in der modernen Medizin einfinden – selbstverständlich, unverzichtbar und zukunftsweisend.

MINERVA kann die Rolle der Naturheilkunde in der Medizin neu definieren. Über die nächsten Schritte werden wir berichten.

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Neben freien Autor*Innen setzt sich die Redaktion der Karl und Veronica Carstens-Stiftung zusammen aus Michèl Gehrke, Quentin Germeroth, Vanessa Kämper, Isabell Nagel, Lea Metzger und Ingo Munz.